Angler sind spezialisierte Menschen
Spezialisiert sind wir nicht nur auf Fischarten, sondern meist auch aufs Meckern. Meckern liegt uns Anglern im Blut. Irgendwer muss halt zwangsläufig die Schuld bekommen, wenn es nicht beißen will. Meist muss das Wetter dran glauben. Die Frage ist, meckern wir uns selber in den Frust? Denn ich habe schon bei angeblich schlechten Bedingungen wie Ostwind richtig gut gefangen.
Hirngespinst oder gesicherter Erfahrungswert?
Aber gibt es sie vielleicht tatsächlich, echte Biss-Killer, bei denen man unter Garantie gar nichts mehr fängt? Darauf ein klares NEIN, denn Garantien gibts beim Angeln niemals, weder in positiver noch negativer Hinsicht. Zu viele Fänge oder Flauten, die den „Regeln“ widersprechen, machen das unmöglich. Allerdings gibts durchaus Wetterlagen, bei denen ich mit 90%iger Sicherheit auf Nullnummern tippe.Und die versuche ich mal vorsichtig in Worte zu fassen.
Wind auf flachem Wasser
Im Flachwasser beißt es oft sehr gut. Besonders im Frühjahr findet man dort die Zonen, die sich am schnellsten erwärmen. Auch gibt es Gewässer, die schlicht überall flach sind, und keine Tiefenzonen aufweisen. Wenn der Wind jetzt stürmisch auffrischt, dann ist das bis auf den vielleicht nur 60cm tiefen Gewässergrund zu spüren. Besonders größere Fische schaffen es nicht mehr ruhig zu stehen zu kommen. Das heißt im Umkehrschluss, dass ihnen das Fressen sehr schwer fällt. Die stellen das Fressen ein, und begeben sich an die Schilfkante im Windschatten. Ist die nicht zu finden, begeben sie sich mögicherweise ganz raus, in die Gewässermitte, wo der Rückströmungs- und Wellendruck der Uferbereiche jedenfalls nicht so zu spüren ist. Das heißt für uns: Beißflaute.
Flaches Wasser, leichte Wellen. Perfekt. Es kommt Sauerstoff rein, die Fische werden aktiv. Werden die Wellen allerdings zu hoch, schlägt es ins Gegenteil um.
Wie schon erwähnt, ist aber nichts in der Angelei ohne Ausnahme. Der Karpfenangler mag sich bei hohmen Wellengang vor eine sichere Nullnummer gestellt sehen, ganz anders kann das beim Raubfisch sein. Hechte machen es sich sogar zunutze, wenn kleinere Fische leicht desorientiert sind, durch den hohen Wellengang und schlägt besonders heftig zu.
Überraschende Kaltfront
Fische scheinen besser zu wissen als unsere Wetterfrösche, ob sich das Wetter ändert. Ich habe jedenfalls schon Sternstunden bei Umschwüngen erlebt. Und zwar keineswegs währenddessen, denn dann ist es zu spät und die Fische beißen nicht mehr, sondern stattdessen kurz vorher. Ich kann das kaum wissen, die Fische aber sehr wohl, darum ist es eher der Zufall, der dafür sorgt, dass ich gerade am Wasser bin.
An einem recht milden Tag vor einem Kälteeinbruch, von dem nicht mal der Deutsche Wetterdienst wusse, fing ich großartig Hecht. Danach, als der Umbruch kam, war Flaute angesagt. Als würden die Fische vor dem Umschwung ahnen, dass es jetzt von Vorteil ist, sich nochmal richtig den Wanst vollzuschlagen. Ist die Kaltfront dann plötzlich da, bin ich auch bereit eine 90% „Garantie“ auszustellen, dass die Angelei schlecht laufen wird.
Erst wenn die Kälte beständig ist, beißen die Hechte richtig gut. Plötzliche Einbrüche mögen sie weniger.
Beißflauten je nach Fischart
Dann bleiben noch „Bisskiller“, die nur für eine Zielfischart gelten. Beim Zanderangeln ist z.B. eine Luftdruckschwankung ein Bisskiller. Dem stimme nicht nur ich, als alter Naturköderzanderangler, sondern auch viele Kunstköderguides zu.
Gleiches gilt für den Vollmond beim Aalangeln. Nur wenige Ausnahmen sind mir bekannt, und die Aale bei Vollmond an der gerühmten Oberfläche auf Vorfachlänge zu beangeln, funktioniert auch nur selten.
„Gefürchtet“ bei Aalanglern – der Vollmond. Karpfen ist er schnuppe. Zander beißen angeblich sogar besser.
Tendenzen
Und dann wäre da noch die bloße „Tendenz“ zu einer Regel. „Bei ruhiger Wasseroberfläche beißt es auf Kunstköder schlechter!“ ist eine dieser Tendenzen, ich habe aber auch schon fangen können, wenn das Wasser da liegt wie Blei.Eine weitere Tendenz ist der Ostwind, den ich allerdings weniger fürchte als einen kalten Nord- oder Nordostwind. Da kann der arme Wind meist weniger für, denn oft ist er nur verantwortlich für Kaltluft, die dann plötzlich aus Sibirien herankommt. Dennoch sagte mir einmal ein alter Seebär, ein erfahrener Kutterkapitän: „Aus Osten kommt nichts Gutes!“ wohlgemerkt, sprach er ausdrücklich vom Wetter.
Zu diesen Tendenzen gehört auch die Bemerkung „bei klarem Wasser beißt es schlechter!“ Ich bin sicher, dass die Fische, insbesondere die Räuber, bei aufklaremdem Wasser keineswegs weniger fressen, eher das Gegenteil dürfte der Fall sein, denn schließlich erkennen die Räuber ihre Beute umso besser. Das Problem liegt hier vielmehr darin, dass sie auch unsere Köder besser erkennen können und deshalb schneller mißstrauisch werden. Nebenbei bemerkt greife ich bei klarem Wasser deshalb nicht nur überwiegend zu natürlichen Farbmustern, sondern ich führe die Köder auch schneller, lasse dem Räuber darum weniger Zeit sich zu entscheiden, und meinen Köder genauer zu untersuchen.
Bei Windstille streikt sogar die Segelpose
Alles nur Wischiwaschi?
In gewissem Sinne schon. Denn eine klare Aussage kann man trotz aller Erfahrungen und Tendenzen am Ende doch nicht machen. Allzu oft haben mir Angler auf Veranstaltungen und Seminaren bei meinen Erfahrungen widersprochen. Am Ende sind wir dann doch alle wieder ganz allein, und müssen eigene Erfahrungen sammeln, zudem alle obigen Aussagen auch nur auf die Erfahrungen in einer Region beschränkt sind.
Am Ende hilft ohnehin nur eins: Nur, wer am Wasser ist, wird fangen!