Vor etwa hundert Jahren findet sich in verschiedenen Katalogen deutscher Angelgeräte-Hersteller eine sogenannte „Amateur-Rolle“, so auch im DAM-Kataolog von 1910 oder im Sartorius-Katalog von 1922.
Diese Rolle mit der typischen „federnden Hemmvorrichtung“ wurde ursprünglich von der amerikanischen Firma Meisselbach gebaut, diese aus vernickeltem Messing hergestellten Rollen tragen die Aufschrift „PAT’D FEB.23.86“, sie wurden also schon seit 1886 produziert. Vor allem DAM hatte viele Meisselbachrollen im Programm („Expert“, „Featherlight“, „Tripart“, „Takapart“).
Kürzlich könnte ich meine „Amateur“ (Durchmesser ca. 7,6 cm/3 Zoll) zusammen mit einer Sartorius-Rute erwerben. Das Gerät stammt aus Göttingen, deshalb kann man davon ausgehen, dass die Rolle auch bei Sartorius gekauft wurde. Meine „Amateur“ weicht von der Meisselbach-Ursprungsrolle ab, sie besitzt kein Kontergewicht, dazu noch eine aufwändig gemachte Kurbel aus Horn. Die ursprünglichen Meisselbach-Amateurrollen hatten einfache und teilweise recht plumpe schwarze Holzkurbeln. Zufällig habe ich im Netz entdeckt, dass es diese Rolle (in der Variante mit Schnurführung) auch vom englischen Hersteller Milwards vertrieben wurde, ebenfalls mit dem hübschen Horn-Knauf. Diese Rolle ist mit dem Säbelarm-Logo („The Iron Arm Trademark“) gemarkt.
Nun meine Theorie: Ursprünglich wurden ganze sicher Amateur-Rollen von Meisselbach auch nach Europa und Deutschland importiert. Möglicherweise wurde diese einfache Rolle bei uns nachgebaut oder umgebaut, sehr wahrscheinlich von Milwards oder von Sartorius (DAM hatte stets auch Sartorius-Rollen im Angebot und als eigene ausgegeben). Die Patentrechte von 1886 waren ja schon längstens abgelaufen und sicher auch nur für die USA beantragt. Es kann aber auch sein, dass Meisselbach spezielle Amateur-Rollen für Europa gefertigt hat.
Wer weiß da mehr? Infos an thomas.kalweit@paulparey.de
Anmerkung vom 24.06.2019:
Markus Schober hat sich aus der Schweiz gemeldet. So einige Meisselbach-Modelle, die in Europa verkauft wurden, befinden in seiner Sammlung. Darunter auch amerikanische Rollen mit Storch oder Ziegenbock. Er hat diesbezüglich in der Vergangenheit schon einige Male mit Phil White korrespondiert, der Meisselbach-Authorität aus den USA. Markus besitzt eine eindeutige Meisselbach „Amateur“, die von DAM nachträglich mit einem Ziegenbock gemarkt wurde. Diese Rolle weicht in Material und Bauweise deutlich von meiner Sartorius-Variante ab. Markus geht bei meiner „Amateur“ eindeutig von einem Nachbau durch Sartorius aus: „Eigenbau Sartorius würde ich meinen, zumal das Bild im Katalog identisch scheint. Nach 25 Jahren lief doch ein Patent aus, das würde auch passen. Experte bin ich nicht, habe mich ein wenig mit Phil White ausgetauscht. Der hat auch meine ‚Stork‘ als Meisselbach idendifiziert. Meine ‚Amateur‘ mit Ziegenbock ist sicher von Meisselbach. 1919 war Schluss mit der Produktion in Amerika, 1922 war die doch noch im Sartorius-Katalog. Vergleiche mal den Rollenfuß und die Montage der Hemmung. Ist bei mir aus einem Stück mit Dorn, damit die Hemmung nicht verbogen werden kann und den Druck behält. Dein Fuß bei deiner Rolle sieht aus wie Alu. Alurollen von Meisselbach sind mir aber noch keine untergekommen.“
Zusatzinformationen aus dem Meisselbach-Buch von Phil White: Die Amateur wurde von 1886 bis 1919 in den unterschiedlichsten Ausführungen produziert. Anfangs hatte diese Rolle noch keine Daumenbremse, dafür aber noch einen zahnradförmigen Klicker. Die Meisselbach-Amateur hatte in all den Jahren fünf verschiedene schwarze Holzgriffe, nie aber einen Horngriff wie bei dem Sartorius-Modell. Der Knauf der DAM-Amateur sieht auch eher nach Horn aus. Alle amerikanischen Ausführungen besaßen ein Kontergewicht und wurden aus vernickeltem Messing hergestellt. Zudem waren sie stets mit der Patent-Nummer gemarkt.