Augen auf heißt „ständig lernen“
Nach einem Seminar bespreche ich in einem reflektierenden Brainstorming mit meinem Co-Dozenten Bernd den Verlauf des Tages. Dabei kamen wir am letzten Samstag ins Gespräch über unsere aktuellen Angelvorhaben, und bekasperten unsere letzten Erfahrungen am Wasser. Die Augen auf zu machen, Tiefe und Grundbeschaffenheit genau zu untersuchen, das gehört für uns zum Selbstverständnis. Das hatten wir sogar kurz zuvor in der Schulung noch erklärt.
Trotz aller Erfahrung bei der Gewässererkundung sollte man nie meinen, man hätte ausgelernt
Neue Erkenntnis
Wer sich in diesen Dingen jedoch sicher glaubt, der irrt, denn lernen ist ein ununterbrochener Prozess. Mit gerunzelter Stirn berichtete Bernd, wie er sicher war, mit dem Tastblei einen steinig/kiesigen Grund gefunden zu haben. Bei der Bruthitze der letzten Wochen machte er sich dann nach anhaltender Beißflaute die Mühe zu tauchen. Luft anhalten und runter geht’s. Man will ja jedenfalls sicher sein, dass die Futtergaben gefressen wurden. Was ihn unten erwartete, überraschte ihn. Es war kein Kies und auch ein Stein vorhanden. Es war einfach nur ein betonharter Sandgrund, der sich steinig anfühlte. An der Vorgehensweise wird das nicht viel ändern, auch hatte er nichts falsch gemacht, aber das Erstaunen war dennoch groß.
Was oberhalb der Wasseroberfläche noch einladend und sauber aussieht…
Tiefenforschung
„Kenn ich!“ konnte ich Bernd zustimmen, denn auch ich hatte mich wenige Tage zuvor geirrt. An einem glasklaren See konnte ich den Grund in 2,5m Tiefe bestens erkennen. Ich stufte ihn als „sauberen Sandgrund mit einigen Steinen“ ein. Und auch ich wurde eines „Schlechteren“ belehrt. Denn so sauber war der Grund keineswegs. Was ich mit der Taucherbrille vom Ufer aus zu erkennen glaubte, beschränkte sich auf Tiefen bis zu etwa einem Meter. Die wahre Grundbeschaffenheit erkannte ich erst mit meiner Unterwasserkamera, die ich an einem langen Stab tief ins Wasser schob, weil schwimmen und tauchen ausdrücklich verboten war. Schon sah der Grund bei Weitem nicht mehr so schön aus wie von mir vermutet.Scharkantige Steine, große Baumstämme und versenkte Betonplatten erwarteten mich in größerer Zahl als angenommen.
…kann sich unterhalb sehr viel weniger einladend präsentieren.
Blei-Anker?
Eine weiter Erkenntnis: Auf einer gut sichtbaren, schrägen Betonplatte im Wasser beabsichtigte ich eine Montage abzulegen. Wie auf dem Präsentierteller, gewissermaßen „lassen sie es sich schmecken, Herr Karpfen!“. Und wieder irrte ich mich gewaltig, diesmal in meiner Bleiform. Die „Flatpearform“ hielt ich eigentlich für die sicherste auf schrägen Untergründen, und das ist sie wohl auch.
Auf schrägen Untergründen liegen auch Flatpearbleie sehr viel schlechter. Eine Brasse, die am Boilie zieht, kann ausreichen, damit das Blei „abstürzt“ und unerreichbar in Ritzen rutscht.
Wie unglaublich leicht das Blei aber dennoch von der Schräge rutschte, damit hatte ich nicht gerechnet. Offensichtlich sorgt der starke Auftrieb unter Wasser doch sehr viel mehr für einen unsicheren Halt als ich bislang angenommen hatte, und so manches Blei, das mir in den vergangenen Jahren nach dem Straffen der Schnur plötzlich den Abhang hinunter rutschte fand eine einfache Erklärung.
Der Spruch „Augen auf“ bekommt damit für mich eine sich ständig wandelnde Bedeutung. Nur, wer bereit ist ständig aus seinen Erkenntnissen zu lernen, kann auch klüger werden.
Auf die tollen Fänge, die auf unsere Erkenntnisse folgten, dürft ihr Euch übrigens in der Abo-DVD der Fisch&Fang Septemberausgabe freuen.
Normalerweise gehört die Flatpear (dt. „Flachbirne“) Form eines Karpfenbleis zu denen die am Grund am sichersten zu liegen kommen. Doch nicht jeder Grund sorgt für sicheren Halt.