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Auf der Jagd nach Riesenhechten, Teil 2

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Bild: Jan Eggers
Viel Material: Der Mappenstapel rechts enthält nur Hechte zwischen 18 und 19 Kilo. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
Hellmuth Firzinger mit seinem Esox von 23 Kilo. Bild: Jan Eggers
Bild: Jan Eggers
Eines der beeindruckendsten Hechtbilder aus dem Eggers-Archiv: Josef Schrank mit 20-Kilo-Hecht von 1976. So ein laichschwerer Fisch würde heutzutage sicher wieder zurückgesetzt, vor fast 40 Jahren war das aber noch nicht denkbar. Bild: Jan Eggers

Hechtpapst Jan Eggers präsentiert im zweiten Teil seiner Serie auf Fischundfang.de die allerersten Riesenhechte, die er Ende der 1970er Jahre als „Hechtfrettchen“ aufgespürt hat.

Kopien des Briefwechsels zwischen den Hechtpäpsten Fred Buller und Jan Eggers. Eine gewaltige Informationsquelle! Bild: Jan Eggers

Im ersten Artikel meiner Serie habe ich darüber berichtet, wie ich mehr oder weniger zufällig in die internationale Angelsportwelt hineingeraten bin. Auch habe ich versprochen, dass ich in den Fortsetzungen meiner Serie jedes Mal die Geschichte – natürlich mit entsprechenden Fotos – von interessanten Hechten erzählen werde. Beginnen wollte ich mit den „leichteren“ Hechten von 18 Kilo und mich so langsam aber sicher zu den allerschwersten Exemplaren von über 22 Kilo vorarbeiten. Aber bei einem Blick in meine Mappen mit Hechten zwischen 18 und 19 Kilo bin ich regelrecht erschrocken. Es wurde mir klar, dass allein in diesem Mappen-Stapel mindestens 300 Hechte der „leichtesten“ Kategorie stecken, und das sind einfach zu viele. Es wäre für die Leser von Fischundfang.de nicht besonders spannend, wenn sie die nächsten Jahre in meiner Serie nur Geschichten über Hechte zwischen 36 und 38 Pfund lesen würden. Es bleibt die Frage: Welche Reihenfolge ist die beste?

Mir ging diesbezüglich ein Licht auf, als ich Anfang Oktober einem guten Freund die Adresse von Fred Buller herausgesucht habe. Mein Freund wollte Fred zu seinem 88. Geburtstag eine Karte schreiben. In einem besonders hübschen Karton sammele ich die Freds Briefe der jüngsten Zeit, er will nämlich von Computern oder E-Mails nichts wissen. Auf seinen Briefen ist natürlich auch seine Adresse zu finden. In dem Karton sind auch Kopien aller Briefe, die ich ihm seit 1980 geschrieben habe. Denn bei meinem letzten Besuch hat er mir voller Stolz eine säuberlich nach Datum sortierte Mappe mit all meinen Briefen präsentiert. Ich war so schlau, ihn um Fotokopien meiner Korrespondenz zu bitten, natürlich wurde mein Wunsch prompt erfüllt. Dadurch kann ich präzise nachvollziehen, wann ich Fred Information über bestimmt Großhechte zugeschickt habe. So habe ich nun die Möglichkeit, diese Serie chronologisch anzulegen. Auch kann ich durch meine mehr als 30 Jahre alten Briefe Emotionen, Zweifel, Staunen und Bewunderung der damaligen Zeit wieder voll nachvollziehen. Es ist einfach ein Schritt zurück in der Zeit. Aus den Briefen erfahre ich, dass ich damals um einiges leichtgläubiger war, was das Gewicht und die Länge der mir gemeldeten Großhechte anbelangte. Anno 2013 ist Jan Eggers kritischer, wenn es um genaue Längen und Gewichte von Fischen geht, doch darüber später mehr. Bevor ich tatsächlich einige Großhechte aus den ersten Jahren meiner „Hechtjagd“ vorstelle, möchte ich zuerst noch etwas mehr darüber erzählen, wie ich diese internationale Großhecht-Fahndung organisiert habe.

Mitarbeiter in vielen Ländern

Ich habe bereits erwähnt, dass Redaktionen von Angel-Magazinen eine hervorragende Quelle sind, um die Fangumstände von kapitalen Hechten aufzuklären. Ich möchte erwähnen, dass mir 99,9 Prozent der internationalen Angelzeitschriften bei meiner Suche geholfen haben. Vor allem, weil ich beim ersten Brief, den ich an eine Redaktion geschrieben habe, die Kopie einer Art Empfehlungsschreiben von Fred Buller beigelegt habe. Als ich dann die Adresse der glücklichen Großhecht-Fänger erhalten hatte, schickte ich ihnen einen Brief mit Fragen zu den genauen Fangumständen und mit der Bitte um weitere Fotos. Manchmal schickten mir die Fänger auch von selbst alle Infos, und das war eine gute Sache, denn das Schreiben von hunderten Briefen war doch sehr zweitaufwändig. Ich arbeitete zu dieser Zeit noch als Vollzeit-Manager in der Kunststoff-Industrie, hatte eine Familie mit drei Kindern und wollte auch selbst auf Hecht fischen gehen. Pro Land versuchte ich, einen enthusiastischen Hechtangler zu finden, der im jeweiligen Land Kontakt mit den besten Hechtanglern aufnehmen konnte. Vor allem in den Ländern, deren Sprache ich nicht konnte, war das praktisch. Tomas Kroupa in Tschechien, Eirik Inset in Norwegen, Pedro Weigand in Spanien und Matti Säröma in Finnland bin ich noch immer sehr dankbar für ihr Hilfe und vor allem für Ihre vielen Übersetzungen. In Amerika hat mir mein guter Freund Larry Ramsell geholfen, der zu dieser Zeit der Präsident von „Muskies Inc.“ war. Eine Organisation, die man mit dem Deutschen Hechtangler-Club (DHC) oder der Snoekstudiegroep Nederland-Belgie (SNB) vergleichen kann. Ein großer Artikel in der Zeitschrift „In-Fisherman“ über europäische Großhechte hat mir viele, gute Hecht-Freunde beschert, so kam auch die Bekanntschaft zum Hecht-Professor Dr. Ed Crossman zustande. Mit fast allen der genannten Personen, soweit sie noch leben, habe ich immer noch Kontakt. Demnächst kommt Tomas Kroupa in die Niederlande, um mit mir auf Polderhechte zu fischen. So, jetzt habt Ihr vielleicht eine Idee davon, wie das „Hecht-Frettchen“ mit seinem Lebenswerk begonnen hat. Diese Aufgabe erfüllt mich auch noch 2013 jeden Tag, man kann alles auch „Sucht“ nennen…

Ein paar Kapitale aus meinem ersten Brief

Dieser 20-Kilo-Hecht wurde mit 20er Mono an einer leichten Telerute gedrillt. Bild: Jan Eggers

Das vorletzte Wort aus dem letzten Absatz heißt „Sucht“. Es hat fast vier Stunden gedauert, bis diese neuen Zeilen auf meinem Computerbildschirm erschienen sind. Der Grund für diese Verzögerung? Ganz einfach, das Lesen meiner ersten Briefe an „Dear Mr Buller“ und Freds Antworten an „Dear Jan Eggers“ haben mich süchtig gemacht. Mein allererster Brief vom 25. Februar 1980 bestand aus acht DIN A4-Seiten, mit der Hand geschrieben, und enthielt die Fangumstände von 32 Hechten, die schwerer als 17,5 Kilo waren. Schwer genug für die damalige „Big Pike List“, deren Minimumgewicht seinerzeit bei 35 lb (16,2 Kilo) lag.

Von diesen 32 neuen Hechten hatte ich genau 19 in alten FISCH & FANG-Ausgaben gefunden. Der Abu-Katalog „Petri-Heil“ war mit zehn Hechten eine gute zweite Quelle. Am 29. Februar 1980 schrieb Fred mir einen herzlichen Dankesbrief. Das war der Beginn einer langen Brieffreundschaft, die nun schon 33 Jahre andauert. Beim erneuten Lesen meiner Liste mit den 32 Hechten hatte ich bei zwei Exemplaren anfangs ein ungutes Gefühl, deshalb habe ich damals schon nähere Informationen von den glücklichen Fängern angefordert. Es handelt sich hierbei um den 20-Kilo-Hecht von Rudolf Kriechbaum und den 23-Kilo-Esox von Helmuth Firzinger, beide Fische stammen aus Österreich.

Spitzname „Hechtfrettchen“

Rudolf Kriechbaum mit dem Resultat seines Zwei-Stunden-Drills. Bild: Jan Eggers

Der Kriechbaum-Vierziger hat sich aufgrund verschiedener Umstände tief in meine Erinnerung eingegraben, vor allem auch wegen des ungewöhnlichen Köders: zwei Maden. Auch war der Drill dieses Fisches unglaublich lang: um die zwei Stunden, denn der Hecht wurde an einer leichten Teleskoprute mit 20er Schnur auf der Rolle gedrillt. Aber vor allem erinnere ich mich an diesen Fisch, weil es sechs Briefe und viele vergebliche Telefonate gebraucht hat, um nach 13 Monaten doch noch die genauen Fangumstände zu erfahren und ein paar zusätzliche Fotos zu bekommen. In dieser Sache habe ich meinem Spitznamen „Hechtfrettchen“ alle Ehre gemacht, denn ein richtiges Frettchen gibt nie auf. Der Fänger hatte Anfang April im Gleinkersee, einem nicht allzu großen Bergsee in Oberösterreich, auf Köderfische gestippt. Am sonnenabgewandten Ufer hatte der See noch Randeis. Plötzlich verschwand seine Pose und er hatte einen großen Fisch am kleinen Haken. Offenbar hatte er einen riesigen Hecht gehakt und die leichte Telerute bog sich fast zum Vollkreis. Rudolf hatte vor allem Angst davor, dass der Fisch an der Eiskante die Schnur durchscheuern könnte. Nach zwei Stunden konnte er die hochschwangere Hechtdame an einem flachen Uferbereich mit seinen bloßen Händen landen. Dieser Hecht hatte eine Länge von 130 Zentimetern, der Zeiger der Waage blieb bei genau 20 Kilo stehen. Ob sich dieser Hecht tatsächlich die beiden Maden geschnappt oder eher ein Fischchen, das an den Maden geknabbert hat, werden wir nie erfahren.

Helmuth Firzinger mit seinem 23-Kilo-Hecht. Bild: Jan Eggers

Der zweite Hecht aus meinem allerersten Brief an Fred Buller ist mir ebenfalls gut in Erinnerung geblieben, weil er der schwerste und auch längste Fisch auf meiner Liste mit 32 Exemplaren war. Als ich das Gewicht von 23 Kilo in englische Pfund (lb) umrechnete, knackte der Fisch mit 12 Unzen die Traumgrenze von 50 lb. Hellmuth Firzinger fing diese 140 Zentimeter lange Hecht-Großmutter am 5. November auf lebenden Köderfisch im Irrsee, auch Zeller See genannt, in Oberösterreich. Zu dieser Zeit hatte ich noch keine Ahnung von dem Großhecht-Potential dieses 4,7 Kilometer langen und durchschnittlich nur 750 Meter breiten Sees. Inzwischen weiß ich, dass in den 1980er Jahren noch mindestens 15 Hechte über 18 Kilo dort gefangen wurden. In einem weiteren Teil meiner Serie werde ich genau erklären, warum im Irrsee die Hechte bis zu einer Größe von 26,5 Kilo und 146 Zentimetern abwachsen können. Die Frage, was mit diesem Riesenhecht passiert ist, kann ich genau beantworten: Er, besser gesagt sie, wurde präpariert und ich hatte das Glück die konservierte Dame in Linz zu bewundern.

Der Präparator Gustav Moser mit Kopf und Schwanz eines 20-Kilo-Hechtes. Von Moser lernte Jan Eggers viel über große Hechte aus dem Irrsee. Bild: Jan Eggers

Eine gute Quelle, um Infos über kapitale Fische zu kommen, sind immer noch Präparatoren. Anfang der 1980er Jahre war Gustav Moser aus Linz einer der bekanntesten österreichischen Präparatoren. Er half mir nicht nur mit Informationen weiter, er hat mich auch zu einem Besuch eingeladen. Weil die gesamte Familie Eggers in den Sommermonaten immer drei bis vier Wochen Urlaub am Ossiacher See macht, konnte ich gemütlich mit dem Zug von Villach nach Linz fahren. Das waren ein paar interessante und gesellige Tage bei „Gustl“. Wenn ich meine Augen schließe, dann rieche ich noch den Formalin-Geruch, von dem sein ganzes Haus erfüllt war. Mit eigenen Augen dort den 23-Kilo-Hecht zu sehen, er hatte einen Bauchumfang von 70 Zentimetern, war ein großer Pluspunkt für mich. Dadurch begann ich bei vielen Fotos zu zweifeln, die 120 Zentimeter lange Hechte zeigten, im Sommer gefangen wurden und angeblich 20 Kilo schwer sein sollten.

Der alte Mann und das Meer

Als ich den nächsten Brief an Fred vom Anfang März 1980 gelesen hatte, entdeckte ich darin die Fangumstände zweier besonders spezieller Hechte. Zuerst fiel mir die Meldung auf, dass in der Schweiz ein europäischer Rekordhecht von 28,350 Kilo mit einer Länge von 146 Zentimetern gefangen worden sei. Der Name des glücklichen Fängers? Jörg Nötzli. Einige Leser erinnern sich sicher noch an den Skandal von damals. Ich könnte einige Seiten zu dieser Affäre füllen. Ich überspringe aber diesen Fisch und komme zu einem anderen denkwürdigen Hecht. Der Fisch von Josef Schrank aus Penzberg in Bayern wog drei Tage nach dem Fang noch 20 Kilo, er war 138 Zentimeter lang mit einem Bauchumfang von 68 Zentimetern. Fanggewässer war der Große Ostersee am 25. Mai 1976. Obwohl mir im März 1980 die Fangmeldung dieses imposanten Fisches vorlag, dauerte es noch bis zum Mai 1981 bis ich die ausführlichen Fangumstände und alle Fotos vom Hecht zugeschickt bekam. Franz Suttner aus Penzberg sprach mit Josef Schrank, der damals schon Ende 70 war, und machte sich die Mühe, das Gespräch aufzuschreiben. Hier die Fangumstände, so wie ich sie erhalten habe, aus dem Mund von Josef Schrank:

Was für ein unglaublicher Hecht! Der vollschlanke Riese von Josef Schrank. Bild: Jan Eggers

„60 Kilometer südlich von München, in einer herrlichen Voralpenlandschaft, gibt es die Osterseen, etwa 20 Stück. Ich habe das Glück darin angeln zu dürfen. Am 25. Mai 1976 fuhr ich mit dem Boot zum Großen Ostersee, um auf Hechte zu schleppen. Das Wetter war windig, trüb und schlecht. Entgegenkommende Kollegen rieten mir umzukehren, da nach Ihrer Meinung doch nichts beißen würde. Ich setzte meine Fahrt trotzdem fort und bald waren meine Schleppruten ausgelegt. An einer Gerte montierte ich einen Köderfisch und an der anderen hängte ich nur so zum Spaß einen alten verwitterten S-Spinner an eine 75 Meter lange 0,35er Schnur. Zwischen Marien- und Roseninsel bekam ich gegen 16 Uhr an dem alten Spinner einen gewaltigen Ruck. Zunächst glaubte ich an einen Hänger, da ich ziemlich tief schleppte. Ich schlug aber trotzdem an, denn man kann ja nie wissen. Aber bald merkte ich, dass der Hänger Leben bekam. Ich klemmte die Gerte zwischen meine Knie, stellte den E- Motor ab und holte die andere Angel ein. Schnell machte ich noch einige Anhiebe. Ich vermutete einen Wels an der Angel, da der Fisch am anderen Ende keine weiten Fluchten machte, sondern nur sein Gewicht entgegensetzte und mehrmals in die Tiefe bohrte. Ich sagte mir: Immer Ruhe bewahren! Und lies den Fisch in der Tiefe sich austoben. Gott sei Dank, der Fisch machte keine langen Fluchten, da ich nur 75 Meter Schnur auf der Rolle hatte. Endlich, nach einer guten halben Stunde, brachte ich den Fisch nach oben. Da sah ich Ihn zum ersten Mal. Mir blieb fast das Herz stehen. Da hing ja ein gut eineinhalb Meter langer Hecht an der Angel. Ich merkte, dass der Hecht schon ziemlich fertig war und konnte ihn bald in meinen Riesenkescher einführen. Mit stolzgeschwellter Brust trat ich den Heimweg zur Bootshütte an. Den Hecht tat ich in ein Riesen-Bassin. Erst drei Tage später wurde der Fisch gewogen. Bei einer Länge von 1,38 Metern und 68 Zentimetern Umfang wog er 40 Pfund. Heute schmückt sein Kopf neben einen kapitalen Waller mein Wohnzimmer. Petri-Heil, Josef Schrank.“

Mit dieser schönen Geschichte und dem beeindruckenden Foto beschließe ich diesen Teil meiner Serie. Wir haben hier einen Hecht, bei dem ich keine Sekunde das Gewicht angezweifelt habe. Dieser Vierziger ist eine echte Schönheit!

Jan Eggers

Zum 1. Tel der Serie „Auf der Jagd nach Riesenhechten“…

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